Impfpflicht? Zwischen zwei Abstimmungen – # 05
Eine Corona-Chronik zu Wissenschaft, Kommunikation und Politik in einer zerrissenen Gesellschaft-
Am Dienstag, 30. November 2021, spricht sich der da noch „zukünftige“ Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem letzten von Angela Merkel geführten Bund-Länder Treffen für eine allgemeine Impfpflicht aus und kündigt zugleich an, dass bei der zukünftigen Abstimmung (hier: „Zweite Abstimmung“) im Bundestag dafür der Fraktionszwang entfallen solle.
Am Freitag, 10. Dezember 2021, beschließt der Bundestag (hier: „Erste Abstimmung“) den Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, der eine Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal („einrichtungsbezogene Impfpflicht“) ab 15. März 2022 beinhaltet.
#Wir dokumentieren hier die Zeit „zwischen den Abstimmungen“, mit dem 30. November 2021 als Startpunkt. Das Ergebnis ist ungewiss, da die zweite Abstimmung noch nicht stattgefunden hat. Sicher ist, dass diese Zeit von der Nachwelt aufgearbeitet werden wird. Insofern möge die Chronik dazu beitragen, den Überblick in der Gegenwart zu behalten und eine Rückschau zu unterstützen. Zu welchem Urteil die Historiker wohl kommen werden?
#Wir beleuchten die Ereignisse systematisch anhand folgender Dimensionen
- Wissenschaftliche Erkenntnisse und Thesen
- News von Pharma/Biotech und Fachbehörden
- Kommunikative und mediale Höhepunkte
- Politische Entscheidungen und Maßnahmen
- Juristische Prozesse und Entscheidungen
- Gesellschaftlicher Diskurs und Reaktionen
#Wir sind zu zweit, weiblich, akademisch und beruflich qualifiziert in biomedizinischer Forschung und Industrie, in Politikwissenschaft, Ökonomie und Journalismus. Wir streben nach einer ausgewogenen Darstellung derjenigen Ereignisse, die wir entscheiden aufzugreifen. Wie in einer Chronik üblich, obliegt die Auswahl dem Chronisten.
Die Chronik hat inzwischen zwei Zuhause gefunden, einmal bei Eltern für Kinder e.V. aus Mammendorf bei München, http://elternfuerkinder.de/Corona-Chronik/, zudem bei dem wir-gemeinsam Bündnis https://wir-gemeinsam-buendnis.de/chroniken/. Unter den Links können alle, auch die vorherigen Einträge heruntergeladen werden. Sehr gerne kann die Chronik auch auf weiteren Websites „adoptiert“ werden. Zudem finden sich alle Editionen auf Medium https://medium.com/@sabine.kaiser. Dort kann man auch „subscriben“, d.h. eine Adresse angeben, um per Email benachrichtigt zu werden, sobald eine neue Edition erscheint:
Es folgt der Chronikeintrag #05, für die Zeitspanne vom 15.01.2022 bis zum 22.01.2022. Aktuell ist kein klarer Trend erkennbar. Die Impfpflicht in Österreich ist verabschiedet, in Deutschland werden die Maßnahmen für nicht perfekt Geimpfte überraschend verschärft. Genesenen-Bescheinigungen laufen deutlich früher ab als bisher. Es kommt zu punktueller Intervention von gerichtlicher Seite. Im Ausland gibt es Strategieänderungen, in Deutschland wird viel geredet, kaum aber konstruktiv miteinander.
Chronikeintrag #5 am 22. Januar 2022
- Wissenschaftliche Erkenntnisse und Thesen
Der Lagebericht desRobert Koch Instituts (RKI) vom Donnerstag, den 20.01.2022 https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-01-20.pdf?__blob=publicationFile bietet wieder zahlreiche epidemiologische Erkenntnisse und Daten. „In Deutschland hat mit der dominanten Zirkulation der Omicron-Variante die fünfte Welle der COVID19-Pandemie begonnen“, so der Einstieg in den Bericht.
Der Anteil von Omicron an den Infektionen liege nunmehr bei 89%, die Inzidenzen stiegen, in den Altersgruppen der 5- bis 24- Jährigen liege die 7-Tage-Inzidenz bereits bei über 1000 SARS-CoV-2-Infektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. In fast allen Bundesländern seien wieder deutlich steigende Fallzahlen, teils sogar eine Verdopplung innerhalb einer Woche, zu verzeichnen. In Sachsen und Thüringen, wo die Infektionszahlen bis vor wenigen Wochen noch sehr hoch waren, sei ein Rückgang der Fallzahlen zu beobachten.
Erneut werden die nach Impfstatus und Bundesland aufgeschlüsselten Inzidenzdaten des RKI von dem bereits in der vorherigen Edition #04 der Chronik zitierten, „subjektiven Studenten“ unter die statistische Lupe genommen. Das bereits des Längeren auffällige Bild der Überrepräsentation der Doppelt-Geimpften unter den symptomatischen Fällen bleibt auch auf Basis der Zahlen des Berichts vom 20.01.2022 weiter bestehen.
Sein Fokus liegt diesmal aber auf der Analyse von 7-Tages Inzidenzen und Impfquoten nach Bundesland, sowohl stichtagsbezogen als auch über Zeit. Als Stichtagsbetrachtung bezogen auf die 7-Tagesinzidenz am 17.01.2022 und die Impfquote (mind. 2x geimpft, also: „grundimmunisiert“) vom 27.12.2021 nach Bundesland ergibt sich wieder eine positive Korrelation (r=0,56, gewichtet nach Bevölkerungsgröße). Das heißt, je höher die Impfquote in einem Bundesland, desto höher die Inzidenz. Dies deckt sich mit der bereits in der Vorwoche durchgeführten Analyse.
Spannend dann die Vorstellung neuer Daten über den zeitlichen Verlauf dieser Korrelation. Offenbar gab es nämlich Ende Dezember 2021, als die Delta Variante noch vorherrschte, sehr wohl die eigentlich zu erwartende und erwünschte, negative Beziehung zwischen Impfquote und Inzidenz. Dies schlägt aber um in der ersten Januarwoche – bereits am 10.01.2022 und stärker noch am 17.01.2022 zeigen sich die positiven Korrelationen. Die gleiche Analyse lässt sich durchführen zur Korrelation zwischen Booster-Impfung und 7-Tagesinzidenz – eine sogar zunehmende, negative Korrelation im Verlauf des Dezembers schlägt dabei nach dem 03.01.2022 um in eine vom 10.01.2022 auf den 17.02.2022 weiter zunehmende positive Korrelation.
Das Video des „subjektiven Studenten“ vom Freitag, den 21.01.2022 ist wieder äußerst sehenswert https://www.youtube.com/watch?v=XYkJW4i8uVY. Er liefert diesmal erstmals auch Interpretationen zu möglichen Schlussfolgerungen. In Summe: Vieles sei nicht geklärt, aber ein Fremdschutz der Impfung für andere sei auf Basis dieser Daten nicht plausibel ableitbar. Damit ergebe sich keine Grundlage zur Begründung einer allgemeinen Impfpflicht. Und diese Aussage erscheint äußerst plausibel.
Ein weiteres großes Thema des RKI-Berichts ist jeweils das Ausmaß der Manifestation der Infektionen im Krankenhausgeschehen, so auch im aktuellen Wochenbericht vom 20.01.2022. Die Belastung der Intensivstationen sei durch die Vielzahl sehr schwer an COVID-19 erkrankter Personen weiterhin hoch, im Vergleich zur Vorwoche jedoch leicht gesunken. Von schweren Krankheitsverläufen weiterhin am stärksten betroffen seien ungeimpfte Menschen in höheren Altersgruppen und Menschen mit vorbestehenden Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen. Die mit Abstand höchste Hospitalisierungsinzidenz wiesen über 80-Jährige auf.
Wie auch in der Vorwoche stellt das RKI fest, dass die Hospitalisierungsinzidenzen durch COVID allgemein weiterhin rückläufig sind: „Seit der MW 48/2021 kam es in allen Altersgruppen zu einer Abnahme der Hospitalisierungen.“ Allgemein habe aber die Belastung auf den Normalstationen der Klinken zugenommen, dies laut Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gerald Gaß https://www.welt.de/vermischtes/article236376143/Omikron-Belastung-auf-Normalstationen-der-Krankenhaeuser-steigert-sich-deutlich.html.
Dann antizipiert das RKI in dem Bericht bereits seine eigenen Grenzen: „Die maximale Amplitude der Omikron-Welle kann im Meldewesen voraussichtlich nicht exakt quantifiziert werden.“ Viele Zahlen werden von daher zukünftig geschätzt werden müssen. U.a. gibt es in dem Bericht nun zusätzlich Inzidenz-Schätzungen zu Covid-19-Patientinnen und Patienten mit Krankheitssymptomen unterschiedlicher Schwere. Auch Inzidenzen von Arztbesuchen und Krankenhausbehandlungen vor dem Hintergrund von COVID-19 werden entsprechend geschätzt bzw. stützen sich auf weitere Quellen, etwa auf Angaben aus der Bevölkerung.
Diese geschätzten Zahlen seien „für das Management und Entscheidungen über Maßnahmen vor Ort während der Omikron-Welle weiter von hoher Bedeutung“, so das RKI. Aus solch geschätzten Zahlen werden dann aber im Zweifelsfall sehr einschneidende Maßnahmen abgeleitet und begründet. Die Ankündigung des RKIs stößt damit auch nur auf begrenzte Sympathie, ausgedrückt z.B. in der BILD vom Freitag, den 21.01.2022 https://www.bild.de/ratgeber/gesundheit/gesundheit/rki-corona-zahlen-nur-noch-ein-schaetzwert-naechster-blindflug-78896966.bild.html
Laut RKI hat die Grippewelle in Deutschland noch nicht begonnen, „in mehreren europäischen Nachbarländern wurde aber bereits ein deutlicher Anstieg der Influenza-Aktivität verzeichnet“. International wird diesbezüglich aber durchaus bereits mit Sorge darüber berichtet, so die Nachrichtenagentur Reuters am Montag, den 17.01.2022. Die Grippe zirkuliere laut dem European Centre for Disease prevention and Control seit Mitte Dezember schneller als erwartet in Europa, mit bereits 40 Fällen in Behandlung auf Intensivstationen. Der in diesem Jahr dominant zirkulierende Influenza Stamm vom Typ A/H3 sei einer der unangenehmeren, mit tendenziell schwereren Verläufen. Zudem zeigten Laboruntersuchungen, dass die in diesem Jahr genutzten Impfstoffe dagegen nicht gut helfen. Letzteres war zu erwarten, da durch das Ausbleiben der letztjährigen Grippewelle es an notwendigen Informationen fehlte. In Summe keine guten Nachrichten. https://www.reuters.com/world/europe/return-flu-eu-faces-threat-prolonged-twindemic-2022-01-17/?utm_source=Sailthru&utm_medium=email&utm_term=The%20Reuters%20Daily%20Briefing&utm_content=17-1-22&utm_campaign=17-1-22
Ein interessanter Effekt und eher unbekanntes Wort – der „Nocebo-Effekt“ wird durch ein am Dienstag, den 18.01.2022 online gestelltes Paper in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2788172. Die Publikation untersucht die Häufigkeit des Auftretens von wahrgenommenen Nebenwirkungen („adverse events“) im Placebo-Arm von COVID-19-Impfstudien. Untersucht wurden dabei sowohl wahrgenommene lokale Reaktionen an der Einstichstelle als auch „systemische“ Reaktionen, insbesondere Kopfschmerzen und Müdigkeit.
Interessant an den Ergebnissen ist eigentlich nur der Unterschied zwischen erster und zweiter Impfung. Bei der Zweitimpfung nimmt der Anteil der „fälschlich“ in der Placebo-Gruppe wahrgenommenen Nebenwirkungen ab, der Anteil der „tatsächlich“ wahrgenommenen Nebenwirkungen in der Gruppe der Impfstoffempfänger nimmt hingegen zu. Dies liegt vermutlich daran, dass die „tatsächlichen“ Nebenwirkungen nach der zweiten Impfung stärker und häufiger sind.
Insgesamt ist es nicht verwunderlich, dass es bei COVID-19-Impfstudien zu einem Nocebo Effekt – also der Wahrnehmung von Nebenwirkungen in der Kontrollgruppe, die den eigentlichen Impfstoff nicht erhält – kommt. „Die Zahlen entsprechen den Ergebnissen anderer Studien, die ebenfalls versuchen, Nocebo-Reaktionen im Kontext von Schein-Impfungen oder auch im Rahmen anderer medizinischer Behandlungen zu beziffern”, so zitiert der BR https://www.br.de/nachrichten/wissen/nebenwirkungen-nach-impfung-die-psyche-spielt-mit,Sv3Ml7X am Donnerstag, den 20.01.2022 eine der Mitautorinnen der Studie, Friederike Bender von der Philipps-Universität in Marburg
2. Pharma/Biotech und Fachbehörden
Am Dienstag, den 18.01.2022 verkünden die beiden Partner GlaxoSmithKline („GSK“, Pharma) und Vir Biotechnology, dass sie bei der FDA Antrag auf Zulassung ihres intramuskulär zu injizierenden Anti-SARS-CoV-2-Antikörpers Sotromivab gestellt haben. https://www.fiercepharma.com/drug-delivery/gsk-vir-file-for-emergency-fda-authorization-intramuscular-formulation-covid-19. Solch eine Einreichung bei der Zulassungsbehörde gilt typischerweise als Meilenstein bei einer pharmazeutischen Produktentwicklung, auch wenn dies nicht bedeutet, dass eine Zulassung zwangsläufig erteilt werden wird.
Von Sotromivab wird, im Gegensatz zu den anderen auf dem Markt befindlichen und in der Therapie von COVID-19 zum Einsatz kommenden Antikörpern vermutet, dass er auch gegen Omicron hilft. https://www.fiercepharma.com/pharma/doubts-about-other-covid-antibodies-glaxosmithkline-and-vir-s-sotrovimab-shows-potential-vs Auf Basis einer intramuskulären Applikationsweise – also: per Spritze, anstatt per Infusion – kann solch eine Antikörpertherapie für größere Patientenzahlen zum Einsatz kommen. Der Konkurrent Regeneron hatte bereits im vergangenen Sommer ein intramuskulär injizierbares Antikörpermedikament zugelassen bekommen, bedauerlicherweise hilft dies aber kaum gegen Omicron. Die Daten von GSK und Vir machen Mut hinsichtlich der baldigen Verfügbarkeit einer weiteren therapeutischen Option bei einem „milden bis mittelschweren Verlauf“ der Krankheit, um ggf. Schlimmeres zu vermeiden.
Per Presseerklärung vom Mittwoch, den 19.01.2022 verkündet die französische Pharmafirma Valneva Ergebnisse einer Laborstudie, in der die In-vitro-Wirksamkeit ihres COVID-19 Impfstoffkandidaten VLA2001 gegenüber dem ursprünglichen SARS-CoV-2 Virus, der noch im Herbst global vorherrschenden Delta-Variante und der aktuell dominierenden Omicron Variante vergleichend analysiert wurden https://valneva.com/press-release/valnevas-inactivated-covid-19-vaccine-candidate-shown-to-neutralize-omicron-variant. Die Nachricht klingt positiv, aber es handelt hier aber, wie bei den meisten „Erfolgs“meldungen, nicht um den statistisch abgesicherten Beweis einer klinischen Wirksamkeit, sondern um Ergebnisse von Laboruntersuchungen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie eine erste Indikation geben bzgl. einer möglichen Wirkung im Patienten.
Konkret wurden Blutproben („Seren“) von dreißig an den laufenden klinischen Studien teilnehmenden Probanden nach derbereits dritten (!) Gabe des Impfstoffes entnommen. Diese Seren wurden auf dahingehend untersucht, ob darin enthaltene Antikörper im Rahmen zu einer Virus-Neutralisation im Laborexperiment (Pseudovirus-Assays) führen würden. Als Ergebnis wird kommuniziert, dass 100% der insgesamt 30 untersuchten Blutproben im Falle des ursprünglichen Virustyps und bei der Deltavariante eine neutralisierende Wirkung aufweisen. Bei Omicron sind es nur oder immerhin noch (da ja bekannt ist, dass die meisten vorhandenen Impfstoffe gegenüber Omicron kaum wirken) 87%. Die relative Reduktion der Neutralisationskraft im Vergleich zum Ursprungsvirus sei 2,7fach bei Delta und 16,7fach bei Omicron. Dieses interessante, aber begrenzt aussagefähige Ergebnis wird von der Firma und den unreflektiert berichtenden Medien als sehr positiv gewertet.
An der Börse führen diese Daten tatsächlich zu einem kurzzeitigen, deutlichen Kursanstieg. Am Folgetag sinkt dieser jedoch bereits auf das Niveau der Vortage zurück. Letztlich ist unklar, welche klinische Wirksamkeit der Impfstoff gegenüber Omicron oder der dann vorherrschenden Virusvariante haben wird, wenn er auf den Markt kommt. Das Unternehmen signalisiert in seiner Pressemitteilung, dass es mit einer Zulassung in Europa durch die EMA in Q1 dieses Jahr rechne. Allerdings hatte genau diese Behörde am Vortag signalisiert, dass sie entgegen der Intention des Unternehmens noch auf weitere Daten aus der Zulassungsstudie warten werde. Die EMA hoffe, in den nächsten Monaten Fortschritte mit dem „Rolling Review“ Verfahren zu machen, ohne jedoch eine konkrete Zeitachse anzugeben. Interessant auch, und u.a. darin liegt vermutlich das zögerliche Verhalten der Zulassungsbehörde begründet, dass die laufende Phase-III-Zulassungsstudie für VLA2001 nicht die Wirksamkeit des Impfstoffes bezüglich eines Abwendens der Infektion mit dem Virus untersucht, sondern ausschließlich immunologische Parameter (Kenngrößen) bei den Valneva-Probanden im Vergleich zu den Probanden aus den Studien zu dem zugelassenen, aber in Kontinentaleuropa und auch in Deutschland nicht als besonders wirksam eingeschätzten Astra-Zeneca-Impfstoff Vaxrevia – dies sinnvoll zu interpretieren ist eine Herausforderung, auch für die EMA https://www.evaluate.com/vantage/articles/news/trial-results-snippets/valnevas-omicron-splash-masks-delay-europe .
Dieser „Immuno-bridging“ Ansatz ist im Übrigen für sämtliche Ausweitungen der Zulassungen bestehender Impfstoffe, wie der mRNA Impfstoff Corminaty, auf weitere Gruppen, z.B. Kinder, genutzt worden. Bei einem gesichert wirkenden, langjährig etablierten Impfstoff mag so ein Vorgehen aus regulatorischer Sicht sinnvoll sein. Im Falle von COVID-19 und insbesondere seit der Dominanz der Omicron-Variante ist an der Interpretationsfähigkeit solcher Daten allerdings stark zu zweifeln.
Generell wird in Hinblick auf Omicron die Wirksamkeit der, wie bei dem Produktkandidaten von Valneva, auf Basis des Ursprungsvirus entwickelten Totimpfstoffe als sehr enttäuschend eingeschätzt: quasi wirkungslos nach zwei und mit nur gewissen Effekten nach einer dritten Impfung, wie am Donnerstag, den 20.01.2022 in Nature, einer hochangesehenen, wissenschaftlichen Zeitschrift, veröffentlicht https://media.nature.com/original/magazine-assets/d41586-022-00079-6/d41586-022-00079-6.pdf
Ein Blick auf die Börsenkursentwicklung von Valneva und den anderen Impfstoff – Biotech Firmen ist erhellend – spiegelt doch der Börsenkurs nach allgemeiner Meinung die zu dem Zeitpunkt vorherrschende, kollektive Erwartung der Marktteilnehmer bezüglich der Zukunftsaussichten des jeweiligen Unternehmens wider. Am Donnerstag, den 20.01.2022 liegt der Kurs von Valneva SE in Paris (VLA.PA) mit €16,54 um 42% unter dem Allzeithoch vom 29.11.2021 mit €28.48. Bei Novavax, dem anderen Corona-Impfstoff-Nachzügler, liegt er mit USD 90,36 um 72% unter dem Allzeithoch vom 08.02.2021 mit USD 319,93. Bei Moderna und BioNTech sieht es nicht besser aus, obwohl diese ja ihre Produkte auf den Markt gebracht haben. Bei Moderna liegt der Kurs mit USD 167,52 um 65% unter dem Allzeithoch vom 9.8.2021 mit USD 484,47. Bei BioNtech liegt der Kurs mit USD 156,53 ebenfalls um 65% unter dem Allzeithoch vom 09.08.2021 mit USD 447,23. Die Börse reflektiert hier also sehr deutlich die Enttäuschung über die Performance der Impfstoffe bzw. ihrer Hersteller.
Bei Pfizer ist das Bildein anderes: Der Kurs liegt am Donnerstag, den 20.01.2022 mit USD 54,05 nur 12% unter dem Allzeithoch vom 16.12.2021mit USD 61,25. In der Tat hatPfizer als großes Pharmaunternehmen noch andere „Pferde“ im Rennen. Allerdings hat der Corminaty mRNA Impfstoff bei Pfizer in 2021 quasi zu einer Verdoppelung des Umsatzes gegenüber 2020 (damals: 41,9 Mrd USD) geführt. Insofern hätte das abnehmende Vertrauen in die erste Generation der Corona-Impfstoffe (alle gegen den ursprünglichen und schon lange nicht mehr zirkulierenden „Wuhan-Typ“ des Virus) bei Pfizer ebenfalls einen negativen Effekt auf den Aktienkurs haben müssen. Aber Pfizer setzt eben nicht nur auf Impfstoffe, und für Corona hat die Firma, wie in Chronik #02 berichtet, mit Paxlovid bereits einen neuen, therapeutischen potenziellen Blockbuster lanciert, der in 2022 den Markt erobern kann. Zudem hat Pfizer vor kurzem die langersehnte FDA Zulassung für ein neues orales Medikament gegen atopische Dermatitis erhalten, den JAK1 Inhibitor Cibinqo, dessen Zulassung sich wegen grundlegender Sicherheitsbedenken gegenüber dieser Wirkstoffklasse lange verzögert hatte. Für seine Aktionäre macht die Pharmafirma Pfizer jedenfalls alles richtig. So sehen es auch die Redakteure des „NZZ Akzent“ Podcast „Pharma: das Geschäft mit Corona“ vom 14.01.2022 https://www.nzz.ch/podcast/pharma-das-geschaeft-mit-corona-nzz-akzent-ld.1664340
Doch wie Pfizer arbeiten auch die kleineren Corona-Vakzin-Hersteller daran, ihr Geschäftsmodell zur Sicherung der lukrativen Margen auf solide Beine zu stellen. So äußert sich Stéphane Bancel, CEO von Moderna, auf der „COVID-19 what’s next“ Session vom Montag, den 17.01.2022 im Rahmen des digital abgehalten World Economic Forums zu seinen Vorstellungen, auf dem gleichen Panel, auf dem auch Anthony Fauci spricht https://eugyppius.substack.com/p/the-vaccinators-will-never-stop-vaccinating.
Dabei erfährt man von dem CEO, dass Moderna die Produktion weiter deutlich hochfahren wird, dass man an einer Strategie arbeite, um die Impfwilligkeit der Bevölkerung zu erhöhen, dass man an kombinierte Grippe/RSV/Corona Impfstoffe denke, die dann jährlich gegeben werden und dass man mit „Tony“ bzw. Dr. Fauci’s Team arbeite, um noch an weiteren Krankheitserregern zur Impfstoffentwicklung arbeiten zu können. Im Original die Session hier: https://www.weforum.org/events/the-davos-agenda-2022/sessions/covid-19-what-s-next
Und tatsächlich ist kein Mangel an neuen Ideen. So spekuliert eine aktuelle Publikation von Forschern aus Harvard, veröffentlicht in Science am 13.01.2022, über „circumstantial evidence showing that multiple sclerosis (MS) is caused by infection with the Epstein-Barr virus (EBV)“. Eine neue Theorie, die keine Kausalität beweist und keine Erklärung für einen möglichen Mechanismus liefert, der einen Zusammenhang begründen könnte, bei der sich aus Sicht der Autoren eine Impfstoffentwicklung gegen MS / EBV („kissing disease“) doch nun geradezu aufdrängt: „While the study doesn’t prove causality, or describe a mechanism by which EBV leads to MS, it is large enough and the association strong enough that it may spark EBV vaccine development. https://www.harvardmagazine.com/2022/01/epstein-barr-cause-of-ms
Aktuell kämpft die Branche allerdings gerade wie viele andere mit der durch die Corona-Pandemie und die verhängten Maßnahmen verursachten Materialknappheit und Lieferkettenproblemen. So muss die FDA am Donnerstag, den 20.01.2022, per Brief an Kliniker und Phlebologen (die Personen, die Blut abnehmen und untersuchen) diese drängen, seltener solche Untersuchungen vorzunehmen – die zur Blutabnahme geeigneten Teströhrchen sind jetzt im großen Stil zu knapp. Diese Empfehlung gilt nicht nur für Corona-bezogene Blutabnahmen und Analysen, sondern auch für alle anderen „Routine“analysen, inkl. auch „Wellness-Zwecke“ https://www.fiercebiotech.com/medtech/fda-urges-doctors-to-prioritize-blood-draws-as-collection-tube-supplies-dwindle?oly_enc_id=7010E1572889I6B Die industrielle Diagnostik-Maschinerie stößt hier an ihre operativen Grenzen.
In Deutschland kommt das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) seiner neuen Rolle als de facto Exekutivorgan der Regierung nach und ändert mit Wirkung zum Samstag, den 15.01.2022 die Vorgaben zur Wirksamkeit von Impfnachweisen im Sinne der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung.
Diemit demImpfstoff von Johnson&Johnson (J&J, „COVID-19 VACCINE JANSSEN“) Geimpften verlieren damit von einem Tag auf den anderen ihren Geimpften-Status. Um den „einfachen“ Geimpften-Status wieder zu erlangen, braucht es nun eine zusätzliche Impfung mit einem mRNA Impfstoff https://www.pei.de/DE/newsroom/dossier/coronavirus/coronavirus-inhalt.html?nn=169730&cms_pos=3 , um als geboostered zu gelten sind sogar zwei weitere mRNA-Impfungen mit einem dazwischen liegenden Abstand von drei Monaten erforderlich. https://www.berliner-zeitung.de/news/johnson-und-johnson-millionen-deutsche-ploetzlich-nicht-mehr-vollstaendig-geimpft-li.206662 Im Gegensatz zum auch von der Berliner Zeitung zitierten, lapidaren Kommentar des Ärzteblattes, „entfallen“ im Übrigen keine „Sonderregelungen“ für den J&J Impfstoff – er war mit einer Dosis zugelassen worden.
3. Kommunikative und mediale Höhepunkte
Entsetzte Verwirrung entsteht, als das RKI seine neuen „Fachlichen Vorgaben des RKI für COVID-19-Genesenennachweise“ per Wirkung zum Samstag, den 15.01.2022 online stellt. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Genesenennachweis.htmlDiese bedeuten, dass der Genesenen-Status generell jetzt nur noch für den zweiten und dritten Monat nach einer PCR-positiv Testung gilt, also auf zwei Monate limitiert ist statt bisher auf fünf Monate. Die Vorgaben beziehen sich auf die am Vortag vom Bundesrat final verabschiedete „Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung“ und der Coronavirus- Einreiseverordnung vom 14.01.2022 https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/vo-aend-covid-19-schausnahmv-und-coronavirus-einreisev.html, hier in der Gesetzestext in voller Länge: https://www.gesetze-im-internet.de/schausnahmv/SchAusnahmV.pdf. Diese Verordnungen werden zunächst naheliegend dahingehend interpretiert, dass sie sich auf die Ausnahmeregelungen von der Quarantäne, die neben dreimal Geimpften eben u.a. auch für „Genesene innerhalb der ersten 3 Monate nach Erkrankung“ gelten sollen, beziehen. Selbige Regelung war von Regierung und Parlament am Vortag neu verabschiedet worden und man hätte davon ausgehen können, dass das RKI sie in seinen Vorgaben weiter konkretisieren würde.
Tatsächlich aber hat das RKI hier weiterführend agiert und die Rolle der Exekutive und Legislative zugleich übernommen(als Bundeoberbehörde, die für Sponsoring offen ist, wie in Edition #04 der Chronik bereits aufgezeigt). Die „fachliche Vorgabe des RKI“ wird in der Version vom Montag, den 17.01.2022 (s.o., dies ist die aktuelle, per Link zugängliche Version, die ursprüngliche war datiert auf Freitag den 14.01.2022) erweitert um eine angebliche Begründung für die Verkürzung des Genesenenstatus, die zunächst nicht enthalten war. Von Seiten des Gesundheitsministeriums wird am gleichen Tag bestätigt, dass diese Verkürzung nun für den Genesenenstatus hinsichtlich sämtlicher Implikationen gilt https://www.tagesschau.de/inland/corona-genesenenstatus-101.html
In der erweiterten RKI-Version heißt es: „Die Dauer des Genesenen-Status wurde von 6 Monaten auf 90 Tage reduziert, da die bisherige wissenschaftliche Evidenz darauf hindeutet, dass Ungeimpfte nach einer durchgemachten Infektion einen im Vergleich zur Deltavariante herabgesetzten und zeitlich noch stärker begrenzten Schutz vor einer erneuten Infektion mit der Omikronvariante haben“. Für diese nachgeschobene, „wissenschaftliche“ Erklärung, werden drei Quellen genannt. Die mangelnde Qualität und Relevanz dieser Quellen wird von Alexander Kekulé in Folge 266 seines Podcast vom Dienstag, den 18.01.2022 erläutert, hier der Link https://www.mdr.de/nachrichten/podcast/kekule-corona/audio-omikron-kinder-hospitalisierung-genesenenstatus-100.html. Die Mangelhaftigkeit der dritten, genannten Quelle, der wissenschaftlichen Begründung der STIKO für ihre 16. Aktualisierung der COVID 19-Impfempfehlung vom 13.12.2021 hatten wir bereits in Edition #02 der Chronik auf Seite 5 angemerkt, selbige war übrigens „vorab veröffentlicht“ und um einen Monat vordatiert auf den 13.01.2022. Diese „Begründungen“ sind in keiner Weise wissenschaftlich fundiert und das Vorgehen muss als Willkür gewertet werden.
Es entspricht auch nicht den demokratischen Usancen, Grundrechtseinschränkungen quasi nebenbei durch eine Veröffentlichung einer Behörde zu implementieren. Zudem wird hier auch der „Bestandsschutz“ verletzt, ein bisher übliches Rechtsprinzip, das als essentiell für Rechtssicherheit und damit die Möglichkeit von Vertragsschlüssen gesehen wird – die Regelungen greifen rückwirkend, d.h. derjenige, dessen Infektion mehr als drei Monate und weniger als sechs Monate zurücklag, und der/die sich am 14.01.2022 noch im Besitz des Genesenen-Status wähnte, musste am Tag darauf zur Kenntnis neben, dass dieser Status soeben entzogen worden war.
Die Regelungen zum Genesenen-Status sind allerdings nicht nur in Deutschland volatil. In der Schweiz gilt er aktuell für zwölf Monate, für diese Zeitspanne erteilt bei Feststellung der Infektion mit einem PCR-Test, oder für neun Monate, mit der Möglichkeit einer Verlängerung auf zwölf, durch Nachweis des Vorhandenseins entsprechender Antikörper. Diese Regelung nimmt die Schweiz nun aber wieder zurück, mit Wirkung ab dem 31.01.2022: „https://www.swp.de/panorama/schweiz-genesenenstatus-12-monate-antikoerpertest-corona-genesen-2g-rki-deutschland-verkuerzt-drei-monate-62113049.html Die Begründung dafür ist kein medizinischer, sondern der Harmonisierungsbedarf mit den Regelungen der EU, „damit das Zertifikat der Schweiz in Europa weiterhin gültig bleiben kann“, nachzulesen im https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-86839.html; verkündet wurde dies im Nicht-EU-Land Schweiz am Mittwoch, den 19.01.2022.
Eine Erörterung des Gesamtgeschehens findet sich bei BR24 am Mittwoch, den 19.01.2022 https://www.br.de/nachrichten/wissen/wirbel-um-verkuerzten-genesenenstatus-das-sagen-experten,SuyINJy oder im Fokus am Donnerstag, den 20.01.2022 als „Weiter Chaos unter Karl: Beim Genesenenstatus leistet sich das RKI den nächsten Black-out“ https://www.focus.de/gesundheit/kommentar-rki-aendert-genesenen-status-und-loest-damit-heilloses-corona-wirrwarr-aus_id_40836042.html .
Am Sonntag, den 16.01.2022 wird klar, dass der ungeimpfte Serbe Novak Djokovic beim Grand-Slam-Turnier Australien Open nicht antreten darf, er muss Australien nach einem Hin- und Her um sein Visum, das auf einer Ausnahmegenehmigung beruhte, umgehend verlassen https://www.zdf.de/nachrichten/sport/djokovic-visum-entscheidung-tennis-australian-open-100.html. Die Vorgeschichte dazu findet sich in Edition #04 der Chronik, auf Seite 6/7. Das australische Bundesgericht hatte entschieden, dass der Entzug des Visums für den Titelverteidiger und die Nummer Eins der Tenniswelt rechtens war. Interessant ist, dass das Gericht die Ausweisung des Spielers weder mit dem zuvor aufgekommenen Verdacht auf Vortäuschung einer Covid-Erkrankung begründete noch mit der Tatsache, dass Djokovic in Europa öffentliche Termine während seiner Erkrankungszeit wahrgenommen hatte, statt sich zu isolieren. Maßgeblich ist der Wirbel, den sein Fall in Australien ausgelöst hat. Djokovic sei mit seiner Impf-Einstellung eine Bedrohung für die Bevölkerung, wurde argumentiert.
„Ein Tennis-Weltstar kann Menschen jeden Alters beeinflussen, ob jung oder alt, aber vielleicht besonders die jungen und die leicht zu beeindruckenden“, hieß es in der Begründung der drei Richter. Auch wenn Djokovic die Australian Open nicht gewonnen hätte, hätte die Tatsache, dass er in Australien Tennis spielt, diejenigen, die so sein wollen wie er, ermutigen können und eine Anti-Impfstimmung im Land befeuern können, hieß es. https://www.welt.de/sport/tennis/article236354105/Novak-Djokovic-Gerichtsbegruendung-da-deswegen-wurde-er-abgeschoben.html
In Israel wird mittlerweile offiziell kommuniziert, dass mit der vierten Impfung gegen Omicron nicht viel auszurichten ist. Es wird damit weitergemacht, aber vor allem betont die Regierung das Abflachen und bevorstehende Auslaufen der Omicron-Welle. https://www.reuters.com/world/middle-east/israel-sticks-with-4th-vaccine-shot-sees-omicron-waning-week-2022-01-18/?utm_source=Sailthru&utm_medium=email&utm_term=The%20Reuters%20Daily%20Briefing&utm_content=18-1-22&utm_campaign=18-1-22
Aus Israel findet in den sozialen Medien der offene Brief des Leiters der Abteilung für Mikrobiologie und Immunologie an der Universität Tel Aviv, Professor Ehud Qimron, an das israelische Gesundheitsministerium Beachtung. Dieser erhebt schwere Vorwürfe gegen die israelische Regierung, die die Interessen der israelischen Bevölkerung auf das gravierendste verraten und mit den Maßnahmen versagt hätte: „Am Ende wird immer die Wahrheit ans Licht kommen, und die Wahrheit über die Coronavirus-Politik beginnt ans Licht zu kommen“. Der Brief wird zunächst von Radio München am Montag, den 17.01.2022 als Podcast in deutscher Übersetzung eingelesen und verbreitet https://www.radiomuenchen.net/podcast-archiv/radiomuenchen- themen/2013-04-04-17-32-41/1965-israel-offener-brief-an-das-gesundheitsministerium-von-prof-ehud-qimron.html und ist in Textform hier zu finden: https://hausarztpraxis-weilheim.de/2022/01/20/offener-brief-von-professor-ehud-qimron/.
Auch international wird berichtet: https://www.news.com.au/lifestyle/health/health-problems/israeli-immunologist-claims-covid19-cannot-be-defeated-slams-failed-pandemic-response/news-story/4040ba2585932e41bc92d8cfbfc74898
In Großbritannien hatte bereits am 14.01.2022 der Gesundheitsminister Sajid Javiv das Ende von Covid-Pässen und Heimarbeitsverpflichtungen kommuniziert https://www.dailymail.co.uk/news/article-10400971/Sajid-Javid-scrap-Covid-passes-fortnight.html. Am Mittwoch, den 19.01.2022, kommuniziert Premierminister Boris Johnson das Ende aller „Plan B Covid Restriktionen“, insbesondere der Covid-Zertifikate, der Empfehlung zur Heimarbeit und der Verpflichtung zum Tragen von Masken u.a. in öffentlichen Verkehrsmitteln. Er betont, dass britische Wissenschaftler davon ausgehen, dass die Omicron-Welle bereits am Abebben ist, ohne dass Hospitalisierungen und Todesfälle nur annähernd vergleichbar gewesen seien zu den vorherigen Wellen. https://www.reuters.com/world/uk/betting-omicron-has-peaked-british-pm-johnson-set-lift-covid-rules-2022-01-19/ Bereits am Vortag, am Dienstag den 18.01.2022, hatte die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon angekündigt, dass mit Beginn der nächsten Woche in Schottland fast alle Corona-Maßnahmen auslaufen würden, die Empfehlung zum Home Office und die Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen soll aber zunächst bestehen bleiben. Schottland hatte während der Pandemie jeweils eher strengere Maßnahmen als England implementiert. Nicola Sturgeon nennt den erheblichen Rückgang der Neuinfektionen in Schottland in den vergangenen zwei Wochen als Grund für die Rücknahme der Maßnahmen.
Während der Exit aus der Omicron-Welle in Israel und Großbritannien im Vordergrund der Debatten steht, kreisen die Diskussionen in Deutschland und Österreich weiterhin primär um die geplanten Einführungen der allgemeinen Impfpflicht – ein umstrittener Sonderweg.
In Deutschland erklärt der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen am Mittwoch, den 19.01.2022, dass die niedergelassenen Ärzte eine mögliche Impfpflicht nicht umsetzen werden. „Wir sind nicht der verlängerte Arm des öffentlichen Gesundheitsdienstes“ erklärt Gassen in einem Fernsehinterview mit n-tv und gibt dafür auch organisatorische Gründe an. Wer die Impfpflicht einführe, müsse auch dafür sorgen, dass eine Institution oder ein organisatorischer Überbau vorhanden sei, die diese umsetzt. Natürlich unterstütze der Verband und auch die Ärzte weiterhin die bestehende freiwillige Impfkampagne https://www.n-tv.de/mediathek/videos/panorama/Impfpflicht-Durchsetzung-nicht-Aufgabe-der-Praxen-article23068943.html.
Laut BILD lehnen die Kassenärzte auch den Vorschlag von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ab, eine Beratungs-Pflicht für Impf-Unwillige einzuführen. Verbandsvize Stefan Hofmeister zu BILD: „Die Entscheidung um die Impfpflicht ist eine politische. Wenn die Bundesregierung diese beschließen will, muss sie sich auch um die Umsetzung kümmern.“ https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/impfpflicht-zoff-kassenaerzte-sagen-lauterbach-den-kampf-an-78868050.bild.html
Am Samstag, den 15.01.2022 warnt der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, vor einer Impfpflicht für Pflegekräfte, die Regierung verschärfe damit den Fachkräftemangel, es drohten unwürdige Zustände. Der Passauer Neuen Presse sagt er: „Verlassen nur zehn Prozent der schon heute hochbelasteten Beschäftigten ihren Beruf, können allein 200.000 Pflegebedürftige nicht mehr ihrer Würde entsprechend betreut werden.“ Im Gegensatz zu den Beschäftigten in der Pflege sei es den Hilfebedürftigen nicht möglich, ihrem Schicksal zu entkommen. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-impfpflicht-patientenschutz-brysch-100.html
Am Dienstag, den 18.01.2022, plädiert der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek gegenüber dem Münchner Merkur, ebenfalls mit Blick auf die durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht zu erwartenden Notstände in der Pflegebranche, die Frist zur Einführung nochmals zu überdenken. https://www.merkur.de/politik/impfpflicht-holetschek-pflege-gesundheit-coronavirus-frist-maerz-zr-91244760.html
Wie von der WAZ am Montag, den 17.01.2022 berichtet, äußert der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer allgemeinen Impfpflicht. „Auf der Basis des jetzigen Wissens- und Erkenntnisstands kann man meines Erachtens nicht überzeugend begründen, dass eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit entsprechen wird“, die Sache sei noch nicht entscheidungsreif. https://www.waz.de/politik/corona-impfpflicht-papier-verfassungsgericht-warnung-schwierigkeiten-id234336605.html
Auf der Medienplattform „The Pioneer“ präsentiert Chefredakteur Michael Bröcker am Dienstag, den 18.01.2022 im Hauptstadt Briefing in einem Kurzvideo ein „6X Nein zur Impfpflicht“ https://www.thepioneer.de/originals/hauptstadt-das-briefing/videos/6-x-nein-zur-impfpflicht?utm_medium=newsletter
Sein Appell, im Wortlaut:
„Liebe Ampel, kluge Politik ist nachvollziehbar, transparent und wirksam. Auf die allgemeine Impfpflicht trifft keines dieser drei Kriterien zu. Wir sollten also auf die Impfkommission hören, wenn wir über die Impfpflicht reden und sie sein lassen. Die Gräben in dieser Pandemie sind bereits gut gefüllt. Es wird Zeit, dass wir rauskommen und nicht noch mehr Leute hineinbringen“.
Seine Argumente, in verkürzter Form:
- Das Virus lässt sich durch die Impfung nicht ausrotten
- Das Gesundheitssystem ist angespannt, aber eine Überlastung ist nicht zu sehen (10% der Intensivbetten in Deutschland sind mit Corona belegt, 20% sind noch frei)
- Die Immunität erfolgt auch durch eine Infektion
- Geimpfte und Geboosterte können das Virus in sich tragen und weitergeben
- Viele hochkarätige Experten aus unterschiedlichen Disziplinen raten dringend ab
- Eine Impfpflicht wäre ein Booster für die Politikverdrossenheit in diesem Land
Am Dienstag, den 18.01.2022 kommentiert Volker Lipp, Jurist und stellvertretender Vorsitzende des deutschen Ethikrates, dokumentiert in einem Tagesschau Schwerpunkt Video-Interview https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-975325.html , die Debatte über die Impfpflicht und die Überlegungen des Ethikrates. In diesem gebe es im Wesentlichen drei Positionen. Die einen forderten eine gesetzliche Impfpflicht für alle jetzt, die anderen eine gesetzliche Impfpflicht für gefährdete Personen, die ggf. stufenweise weiterentwickelt werden würde, und die dritte Gruppe sei gegen die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht zum jetzigen Zeitpunkt. „Eine gesetzliche Regelung müsse eine langfristig tragfähige Lösung bezogen auf die Pandemie geben.“ Es ginge um Pandemiebewältigung, das Virus sei nicht ausrottbar. Die Impfpflicht, über die jetzt diskutiert wird, sei „kein Mittel, um die aktuelle Omicron-Welle oder -Wand zu bekämpfen, dafür käme sie zu spät“. Sie ziele auf die künftigen, danach kommenden Wellen, denn Omicron zeige, dass man immer mit neuen Wellen und Mutationen zu rechnen habe. Darüber müsse man diskutieren. Hauptaufgabe des Ethikrates sei es, grundsätzliche Kriterien für die politisch Verantwortlichen zu beraten, die seien seit längerem bekannt, allerdings müsse man immer wieder diskutieren und auch streiten, wie diese im Kontext der jeweils aktuellen Situation zu bewerten seien.
Allerdings gibt es die Impfstoffe für die neuen, möglichen Wellen, zu denen die BürgerInnen per Impfpflicht gezwungen werden sollen, noch gar nicht. Die europäische Regulierungsbehörde EMA empfiehlt per Pressebriefing am Dienstag, den 18.01.2022 den Impfstoffentwicklern die Forschung an Upgrades, konkret die Forschung an bivalenten oder multivalenten Vakzinen, die gegen verschiedene Varianten und Subtypen wirksam sein könnten https://www.euractiv.com/section/coronavirus/news/ema-encourages-covid-19-vaccine-developers-to-target-several-variants/ Diese Idee werde unter anderem von der ICRMA, der International Coalition of Medicine Regulatory Authorities, befürwortet. Marco Cavaleri, Leiter für Impfstoffstrategie bei der EMA, betont, dass aus Sicht der ICRMA regelmäßiges Boostern nicht die geeignete Strategie sei, es sei weder die „silver bullet“ noch „sustainable in the longer term“ und könne die Immunantwort negativ beeinflussen.
Konkreten Kummer bereiten ohnehin die aktuell eingesetzten Impfstoffe. Am Dienstag, den 18.01.2022 sendet der österreichische Sender Servus TV eine ausführliche, lang angekündigte Reportage „Im Stich gelassen“, in der zahlreiche Menschen zu Wort kommen, die erläutern, wie sich direkt nach der Corona-Impfung ihr Gesundheitszustand verschlechterte und wie sie teils bis heute an Impfnebenwirkungen und -schäden leiden https://www.servustv.com/aktuelles/a/reportage-im-stich-gelassen-die-covid-impfopfer/201058/. Basis für die 47-minütige Fernsehreportage sind 40.000 Meldungen über Impfnebenwirkungen, die 2021 beim österreichischen Bundesamt für Sicherheit und Gesundheitswesen eingingen. Das entspreche einem Verdachtsfall von Nebenwirkungen pro 360 Impfungen. Im Vergleich zu den bisherigen Impfungen sei die Meldequote damit um das mehr als 100-fache höher und das sind nur die offiziellen Zahlen, ohne die als um ein Vielfach höheres eingestufte Dunkelziffer.
Der Film schwenkt auch nach Deutschland, zitiert u.a. den Münchner Kinderarzt Martin Hirte, der die Herzmuskelentzündungen bei jungen Männern im Zusammenhang mit einer Corona-Impfung thematisiert und darauf aufmerksam macht, dass auch zehn Jahre nach einer solchen Entzündung noch Funktionsstörungen des Herzens auftreten könnten.
Der Regensburger Psychologe Prof. Dr. Christof Kuhbandner erklärt in dem Film zudem, wie er versucht, die Erkenntnisse einer englischen Studie für Deutschland statistisch zu prüfen. Britische Statistiker hatten die Übersterblichkeiten in verschiedenen Altersgruppen nach Beginn der dortigen Impfkampagne Anfang 2021 untersucht und waren zu dem Ergebnis gekommen, dass Übersterblichkeiten zeitgleich zum Beginn der Impfkampagne in der jeweiligen Altersgruppe auftraten. Zugeordnet wurden die Todesfälle den „Ungeimpften“ – allerdings wurden Erstgeimpfte innerhalb von 14 Tagen nach Impfung noch als „Ungeimpfte“ geführt. Der dringende Verdacht steht demnach im Raum, dass es sich bei der um 3-4 fach erhöhten Sterberate in der jeweiligen Phase in Wirklichkeit um Impftote handeln könnte. Für Deutschland vergleicht der Professor den erfassten, tagesgenauen Verlauf der Impfungen, sowie den tagesgenauen Verlauf der Übersterblichkeit, und glaubt, ein ähnlich korrelierendes Phänomen zu erkennen. Den Effekt sieht er auch für die Zweit- und Booster-Impfungen. Seine Erkenntnisse, wonach die Todeszahlen durch die Impfungen genauso hoch wie zuvor durch die Infektionen sein könnten, schickt er an RKI, Paul-Ehrlich-Institut und an die STIKO, bekam aber bisher nur eine Ticketnummer (PEI) bzw. die Ansage, dass man sich mit Befunden von Einzelpersonen gar nicht beschäftige, dazu gäbe es keine Kapazität (RKI, STIKO). Hier ein Link zu nur diesem Teil der Sendung https://pflegekraefte-service.de/presse/news-im-gesundheitswesen/christof-kuhbandner-todeskurve-steigt-nach-corona-impfungen/
In dem Film wird auch ein Brief zitiert und gezeigt, der im Dezember 2021 an die Kassenärzte in Österreich ging, Absender Thomas Szekeres, Präsident der Östereichischen Ärztekammer. Darin wird klargestellt, dass es für Ärzte in Österreich keinen Grund gebe, die Impfung nicht zu empfehlen. Wer zuwiderhandele, müsse mit Sanktionen rechnen. Ärzte sollten sich an den Stand der Wissenschaft halten. Etwa 200 österreichische Ärzte haben sich noch im Dezember in einem offenen Brief und per Pressekonferenz gegen die Maßgabe ihres Verbandes ausgesprochen, manche forderten gar den Rücktritt des Verbandspräsidenten.
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211214_OTS0171/immer-mehr-aerzte-sind-gegen-mrna-impfung-und-gegen-impfpflicht Der Film von Servus TV wird zwei Tage vor dem Datum ausgestrahlt, an dem die österreichische Regierung die Impfpflicht beschließt (s.u.).
4. Politische Entscheidungen und Maßnahmen
Bund
Deutschland hat innerhalb Europas mit Stichtag zum Freitag, den 21.02.2022 die härtesten COVID-Maßnahmen, zumindest laut des Covid Stringency Index der Universität Oxford. https://ourworldindata.org/grapher/covid-stringency-index?region=Europe Auch international gesehen liegt Deutschland laut dem „Government Response Tracker“ im Chart, das den zeitlichen Verlauf wiederspiegelt, seit Beginn des Jahres 2022 ganz vorne mit den Maßnahmen https://www.bsg.ox.ac.uk/research/research-projects/covid-19-government-response-tracker – also mit der Maßnahmenhärte noch vor China, Italien und Canada.
Ein Kurzgutachten des wissenschaftlichen Dienstes der Bundesregierung, über das zunächst die BILD-Zeitung berichtet hatte, weist auf eine bereits erfolgte weitere Verschärfung für Arbeitnehmer hin. Dadurch, dass die STIKO mittlerweile die Boosterung empfohlen hat, entfällt für vollständig geimpfte, aber nicht zum dritten Mal nachgeimpfte Arbeitnehmer die Lohnfortzahlung im Quarantänefall.
Es handelt sich dabei um einen Automatismus – sobald sich die offiziellen Empfehlungen oder Vorschriften ändern, gelten auch für den Verdienstausfall neue Regeln, denn das Infektionsschutzgesetzt verweist auf die jeweils aktuellen Corona-Vorgaben. Nachzulesen in den meisten deutschen Print-Medien, z.B. in der SZ vom Freitag, den 21.01.2022 https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/corona-quarantaene-lohnfortzahlung-gehalt-1.5511920 . Wahrlich stringente Daumenschrauben, die ohne Involvierung des Parlaments behördlich Runde um Runde angezogen werden.
Bayern
In Bayern kreist die Debatte um das Thema Kultur und folgt der Sequenz Hoffnung, Enttäuschung, neue Hoffnung, neue Enttäuschung … . Am Samstag, den 15.01.2022 hatte sich der Bayerische Musikrat mit einem Forderungskatalog an die Staatsregierung gewandt und drängte auf Lockerungen. Am 12.01.2022 hatte es bereits einen Runden Tisch mit der Kunst- und Kulturszene gegeben, in der diese ihrer Frustration Ausdruck gegeben hatte, man sehe sich gegenüber der Gastronomie klar benachteiligt. Ministerpräsident Markus Söder macht etwas Hoffnung, indem er am selben Wochenende in einem Interview mit dem Münchner Merkur andeutet, in der Corona-Politik einen „breiteren Ansatz“ zu verfolgen und dabei mehr auf gesellschaftlich-soziale Komponenten zu achten als bisher. Auch Wirtschaftsminister Aiwanger hatte der Branche zuvor Hoffnungen gemacht. Am Montag könne es konkret werden, da soll das bayerische Kabinett über Änderungen im Kulturbereich beraten, so BR24 https://www.br.de/nachrichten/bayern/bayerischer-musikrat-dringt-auf-corona-lockerungen,Sub8IYO
Am Montag, den 17.01.2022 berät das bayerische Kabinett auch über Änderungen im Kulturbereich, entschieden wird – nichts. Vielmehr wird alles um eine Woche vertagt. Die Kulturschaffenden sind entsetzt und verärgert: „Was für eine Farce“, „Erst kommt das Fressen und dann die Moral“, „Wenn man weiterhin jeden Restaurant-Besuch besser stellt, bleibt uns nur noch, während unserer Konzerte auch Schäufele zu servieren“ – so die enttäuschten Stimmen aus der Branche https://www.br.de/nachrichten/bayern/corona-regeln-kulturschaffende-veraergert-ueber-staatsregierung,SulJqoZ . Der bayerische Kunstminister Bernd Sibler zeigt Verständnis für den Unmut. Den „dringend notwendigen Verbesserungen” für die Kultur stünden steigende Omicron-Zahlen gegenüber, sagt der CSU-Politiker im „Tagesgespräch“ auf Bayern 2 am Dienstag, den 18.01.2022. Er trage die Entscheidung zwar mit, sagte Sibler. Es müsse jetzt aber Stück für Stück nachgesteuert werden. „Wir haben im Bereich Kunst und Kultur in der Tat eine sehr strenge Regelung.“ Wenn es die Lage einigermaßen zulasse, werde nächste Woche die erlaubte Auslastung erhöht, so BR24 https://www.br.de/nachrichten/bayern/strenge-auflagen-fuer-kultur-minister-wehrt-sich-gegen-kritik,SurXIuy
In einem Atemzug mit einem Vorstoß zum Ende der Geisterspiele im Sport äußert sich Markus Söder am Freitag, den 21.01.2022 auch zu seiner Vorstellung für Erleichterungen für die Kulturbranche, für die er auch beim Bund-Länder-Gipfel werben wolle https://www.br.de/nachrichten/bayern/corona-markus-soeder-will-lockerungen-fuer-amateur-und-profisport,Sv926zL . Konkret stellt er sich vor, bei der Kultur bei der 2G+ Regel zu bleiben, die er in Bayern für die Gastronomie nicht eingeführt hat, aber die maximale Auslastung von 25 auf 50% zu erhöhen. Die Kulturbranche hätte sicher mehr erwartet.
Österreich
Im Nachbarland stimmt das Parlament am Donnerstag, den 20.01.2022 mehrheitlich für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Das Gesetz tritt zum 4.2.2022 in Kraft, unter der Annahme, dass vorher noch der Bundesrat am 3.2.2022 zustimmt. Bis zum 15. März haben dann die bisher gesunden, ungeimpften Menschen Zeit, dieser Anforderung straffrei nachzukommen. Danach sollen Geldbußen bis zu 3600 Euro verhängt werden. Ins Gefängnis müsse aber niemand, wird ausdrücklich betont, weder in Beugehaft noch in sonstigen Vollzug. Ausnahmen gibt es für Schwangere oder Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können. Genesene bekommen eine Schonfrist von sechs Monaten. https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/corona-impfpflicht-in-oesterreich-anreize-geplant,Sv49Z4C Fast alle Parteien stimmten dem Gesetz mehrheitlich zu, nur die FPÖ lehnt die Impfpflicht gänzlich ab und stimmte dagegen.
Im Vorfeld der Abstimmung hatte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erläutert, wie die Regierung Impfskeptikern die Corona-Spritze begleitend zur Impfpflicht mit einer Milliardenlotterie und Gutscheinen schmackhaft machen will. Jeder Zehnte soll gewinnen können https://orf.at/stories/3244309/ Zudem wird auch der Gruppendruck erhöht: So soll an Gemeinden mit einer Impfquote von 80 Prozent insgesamt 75 Millionen Euro ausgeschüttet werden, bei 85 Prozent Quote gibt es 150 Millionen und bei 90 Prozent 300 Millionen Euro.https://www.tagesschau.de/ausland/europa/oesterreich-corona-impfpflicht-101.html . Die Wahrscheinlichkeit, dass Funktionäre und Politiker lokal und regional sich diese Extra-Geldtöpfe nicht entgehen lassen und daher massiven Druck auf Ungeimpfte ausüben werden, erscheint hoch.
Aus aktueller Perspektive erscheint es wenig wahrscheinlich, dass der Gesetzwerdungsprozess noch gekippt werden könnte. Die Entscheidung im Bundesrat sollte aufgrund der türkis-grünen Mehrheit der Bundesräte eine Formsache sein, allerdings könnte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) noch ins Spiel kommen, zumindest in einzelnen Punkten, so die Einschätzung des Standard am Donnerstag, den 20.01.2022 https://www.derstandard.de/story/2000132624133/wie-es-mit-der-impfpflicht-weitergeht-und-ob-sie-noch. Die Proteste auf Österreichs Straßen werden mit großer Sicherheit ebenfalls weitergehen.
5. Juristische Prozesse und Entscheidungen
In Bayern kippt am Mittwoch, den 19.01.2022 der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die 2G-Regel für den Einzelhandel in Bayern. Die Richter geben dem Eilantrag der Inhaberin eines Lampengeschäfts aus dem Landkreis Freising statt. Ende des Jahres hatte der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass die 2G-Regel nicht für Bekleidungsgeschäfte in Bayern gelten dürfe, da sie genauso wie Buchhandlungen oder Blumenläden der „Deckung des täglichen Bedarfs“ dienten. Schon vor Weihnachten durften Spielzeugläden die 2G-Schilder abhängen. Jetzt haben die Richter die komplette Regelung gekippt. Das Urteil wird sowohl vom Handelsverband Bayern als auch der IHK ausdrücklich begrüßt, laut Staatsregierung werde 2G im Handel nun komplett ausgesetzt https://www.br.de/nachrichten/bayern/2g-regel-im-bayerischen-einzelhandel-gekippt,SuyCyYm
In Edition #02 der Chronik, auf Seite 10, hatten wir bereits von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Mannheim bezüglich der Klage eines Studenten berichtet, die das vorläufige Aussetzen der 2G Regelung für Präsenzveranstaltungen an den Baden-Württembergischen Hochschulen per Eilantrag bewirkt hatte. Eine neue Klage desselben Studenten, wieder gegen 2G an der Universität, jetzt implementiert durch eine neue Regelung vom 11.01.2022, da die alte ausgelaufen war, hat erneut Erfolg. Der VGH erklärt am Freitag, den 21.01.2022, dass es voraussichtlich rechtswidrig sei, dass ungeimpfte Studierende durch das „Einfrieren der Alarmstufe II“ in der Coronaverordnung weitgehend von Präsenzveranstaltungen ausgeschlossen würden. Es handle sich um einen „gravierenden Eingriff in das Grundrecht der Betroffenen auf Berufsausbildungsfreiheit“ und eine Vorschrift, die ausdrücklich unabhängig von der Hospitalisierungsinzidenz solche Zugangsbeschränkungen vorgebe, stehe nicht mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang. https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/rechtswidrig-gericht-kippt-2g-regel-an-universitaeten-li.207366
Hinsichtlich der neu eingereichten Klagen gegen die u.a. durch die Stadt München erlassenen Allgemeinverfügungen zum Verbot von Corona-bezogenen Spaziergängen als „präventive Gefahrenabwehr“ gibt es keinen dauerhaften Durchbruch für die Kläger. Die jüngste Allgemeinverfügung in München lief am Mittwoch, den 19.01.2022 um Mitternacht aus. Zwischenzeitlich war sie zweimal außer Kraft gesetzt und zweimal vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sehr kurz darauf wieder bestätigt worden, erstmals am Montag, den 17.01.2022 und zum zweiten Mal am Mittwoch, den 19.01.2022. Die Presseberichterstattung dazu bleibt dünn, hier BR24 am Dienstag, den 18.01.2022, über die Geschehnisse bezüglich der Allgemeinverfügungen am Vortag sowohl in der Stadt München als auch im Umland https://www.br.de/nachrichten/bayern/corona-proteste-in-bayern-ein-gerichtsurteil-mit-folgen,SutKGgq sowie die Rathaus-Umschau der Stadt München, aus ihrer eigenen Brille, https://ru.muenchen.de/2022/13/VGH-bestaetigt-Allgemeinverfuegung-zu-Corona-Spaziergaengen-99595 vom Donnerstag, den 20.01.2022.
Das Allgemeinverfügungs-freie Zeitfenster am Abend des Mittwochs, 19.01.2022, wurde von den „einkaufenden Spaziergängern“in der Fußgängerzone in München mit Sprechkören und viel Bewegung genutzt. Bei einer ähnlichen Polizeipräsenz (ca. 1000 Polizisten) wie in der vorherigen Woche war die Stimmung deutlich gelöster. Eine neue Allgemeinverfügung https://stadt.muenchen.de/dam/jcr:f8b16d8f-7a86-4fd0-91ea-b6a44322d426/Allgemeinverfuegung_vom_21_01_2022_zu%20_Versammlungen_im%20_Zusammenhang_mitProtesten_gegen_Corona-Massnahmen.pdf ist aber bereits wieder erlassen, für Montag den 24.01.2022 und Mittwoch den 26.01.2022.
Der Hauptorganisator von Protesten in der Landeshauptstadt, München-steht-auf, hat bereits wieder die übliche Mittwoch-18Uhr-Demonstration für den 26.01.2022 als bewegten Umzug mit Startpunkt Königsplatz angemeldet. Es ist davon auszugehen, dass die Stadt erneut ein mit Auflagen belegtes und limitiertes, stationäres Format abseits des Stadtgeschehens auf der Theresienwiese fordern wird, welches von München-steht-auf wieder abgelehnt werden wird. Der bekannte, umstrittene Anwalt Markus Haintz hatte bereits am Mittwoch, den 19.01.2022 angekündigt, mit neuer Mandantschaft die nächste AV wieder juristisch anzugreifen. Es wird sich zeigen, ob die Prozesse vor Gericht beim nächsten Mal anders laufen, bzw. wie weitere, zu erwartende Klagen begründet sein werden und wie mit diesen umgegangen werden wird.
6. Gesellschaftliche Reaktionen
In Deutschland wird von Regierungsseite mittlerweile mit einer Orwellschen Logik argumentiert. So etwa Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in der Tagesschau am Mittwoch, den 19.01.2022: „Es wird ja niemand gegen seinen Willen geimpft. Selbst die Impfpflicht führt dazu, dass man sich zum Schluss freiwillig impfen lässt“. Eine sehr interessante Definition von Freiwilligkeit.
Die vielfältigen Reaktionen auf diese Statements dokumentieren ein massives Unverständnis und emotionale Betroffenheit zumindest in Teilen der Bevölkerung. Nur ein repräsentatives Beispiel aus der langen Reihe an Kommentaren auf Corona-blog.net: „Es wird immer absurder und ehrlich gesagt kann man das, was unsere Politiker zurzeit von sich geben, eigentlich gar nicht mehr für bare Münze nehmen. Oder man muss sich ernsthaft die Frage stellen, ob Menschen, die solche Äußerungen wie Karl Lauterbach treffen, überhaupt noch zurechnungsfähig sind.“ https://corona-blog.net/2022/01/20/lauterbach-die-impfpflicht-fuehrt-dazu-dass-man-sich-zum-schluss-freiwillig-impfen-laesst/ Am Samstag, den 22.01.2022 platzt dann dem „DSDS“ Gewinner Pietro Lombardi der Kragen – auf Instagram „lässt er Dampf ab“ und teilt aufgebracht seine Meinung zu Karl Lauterbach und der bevorstehenden Impfpflicht. https://www.watson.de/unterhaltung/prominente/940911740-pietro-lombardi-wettert-gegen-karl-lauterbach-bruder-hoerst-du-dir-zu. Eigentlich erübrigt sich aber jeder Kommentar zu dem Lauterbachschen Statement.
Aktuell läuft sowohl eine Petition gegen die allgemeine Impfpflicht, noch bis zum 31.01.2022, https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2021/_12/_06/Petition_128564.%24%24%24.a.u.html sowie eine weitere Petition zur Rücknahme der bereits beschlossenen Impfpflicht für Menschen im Gesundheitssektor, selbige bis zum 27.01.2022 https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2021/_11/_19/Petition_128004.nc.$$$.a.u.html Mit rund 107.000 Stimmen gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht und rund 110.000 Stimmen für die Rücknahme der Maßnahme für die Pflegeberufe haben beide Petitionen das notwendige Quorum von wenigstens 50.000 Stimmen aktuell bereits weit überschritten. Das bedeutet, dass die Petenten vor dem Petitionsausschuss angehört werden, wenn es keine formalen Fehler gibt. Dass die Petitionen weitergegeben werden an die Fraktionen des Bundestages mit dem Ziel, in Gesetzgebungsverfahren berücksichtig zu werden, ist damit allerdings nicht geklärt. Die Chancen erhöhen sich jedoch deutlich, je mehr Menschen in den verbleibenden Tagen noch zu Mitunterzeichnern werden.
Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe sieht die Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie für psychisch Erkrankte als eine stille Katastrophe. Bei Befragungen gaben hochgerechnet ungefähr zwei Millionen Menschen in Deutschland an, dass sich ihre Erkrankung im Jahr 2021 verschlechtert habe, so Ulrich Heberl, Psychiater und Vorsitzender der Stiftung gegenüber der Funke-Mediengruppe am Freitag, den 21.01.2022. Er schätze, dass es einen Anstieg der Suizidversuche gegeben habe, diese würden aber in Deutschland nicht systematisch erfasst. Die Politik sei in der Pflicht – da Menschen mit Depressionen im Stillen litten und krankheitsbedingt sehr schlecht im Vertreten eigener Interessen seien https://www.oldenburger-onlinezeitung.de/nachrichten/depressionshilfe-beklagt-massnahmenfolgen-fuer-psychisch-erkrankte-78926.html
Allgemein sieht es um das Vertrauen der Bürger in ihre demokratischen Institutionen global nicht gut aus, so die Ergebnisse des am Dienstag, den 18.01.2022 vorgelegten Edelman Trust Barometers: „Public trust in governments running the world’s democracies has fallen to new lows over their handling of the pandemic and amid a widespread sense of economic pessimism“. Dabei sind, gemäß der Ergebnisse der Befragung, die Institutionen in Deutschland der größte, relative Verlierer, mit einem Absturz von sieben Punkten, und damit schlechter als Australien und die Niederlande mit sechs und USA und Südkorea mit fünf Punkten Verschlechterung. Autokratische Regimes können hingegen zulegen, insbesondere China (elf Punkte aufwärts) und die vereinigten Arabischen Emirate (neun Punkte aufwärts). Als Grund für das hohe Vertrauen der Bürger Chinas in ihren Staat nennt der Initiator des Barometers, Richard Edelman, u.a. eine höhere Verlässlichkeit und Berechenbarkeit des Staates hinsichtlich seiner Maßnahmen aus Sicht des Bürgers.
Andere Kommentare zu dem Edelman-Barometer betonen insbesondere den Verlust des Vertrauens in die Journalisten – 67% der Bürger weltweit gehen davon aus, dass sie von Journalisten vorsätzlich belogen werden. https://pressgazette.co.uk/almost-seven-in-ten-people-worry-they-are-being-lied-to-by-journalists-according-to-latest-edelman-trust-survey/
Abschließend noch ein Thema, zu dem es Ermutigendes gibt, zudem illustriert es das Ausmaß der mittlerweile auch in Deutschland weit verbreiteten „Cancel Culture“, die derzeitbevorzugt im Rahmen der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen zum Tragen kommt: jede/r, der/die es wagt, Kritik zu äußern, muss damit rechnen, umgehend in eine der – typischerweise als „rechts“ oder „quer“ beschrifteten – Schubladen gesteckt und angefeindet zu werden.
Giovanna Winterfeldt von „Friedlich zusammen“ aus Berlin wurde am Montag, den 17.01.2022 im Mittagsmagazin des ZDF portraitiert. https://www.zdf.de/nachrichten/zdf-mittagsmagazin/corona-proteste-giovanna-winterfeldt-100.html Sie ist eine junge Frau, Synchronsprecherin und Drehbuchautorin, organisiert in Berlin Demos gegen Corona-Maßnahmen und setzt sich mit ihrer Bewegung für eine freie Impfentscheidung sein. Ihr aktuell auf Instagram gepostetes Video geht derzeit „viral“. Es thematisiert, wie schnell man heutzutage, wenn man eine nicht gängige Regierungsmeinung vertritt, plötzlich mit den Vorwürfen konfrontiert wird, man wäre ein Nazi, unabhängig von allem, inkl. der Hautfarbe. Erhellend, und ihr Umgang mit diesen aberwitzigen Vorwürfen bietet Grund für Mut! https://corona-blog.net/2022/01/21/giovanna-winterfeldt-will-ueber-das-thema-bin-ich-ein-nazi-sprechen/
ENDE